Die österreichische Seele und ihr politisches Selbst: Geschichte einer Differenz
DOI:
https://doi.org/10.15135/2014.2.2.16-26Abstract
Ausgehend vom Slogan Wien ist anders werden Versuche der Identitäts- und Selbstbildung Österreichs thematisiert und durch die Geschichte hindurch von der römischen Provinz Pannonien über die Herrschaft der Babenberger und Habsburger bis in die Zweite Republik verfolgt. Dabei wird deutlich, dass jedes Selbst – sei es ein Individuum, eine Nation, eine Kultur etc. keine geschlossene Totalität, sondern eine Selbst-Differenz darstellt. Es zeigt sich, dass alle Versuche, Vielfalt und Fülle unter eine hegemoniale Ideologie (Gründungsmythos) stellen zu wollen, scheitern, weil letztlich wieder eine Differenz geschaffen wird. Das belegt der Mitteleuropa-Mythos – Österreich ist Mittler zwischen der lateinisch-germanischen und der slawischen Kultur – ebenso eindrucksvoll, wie aktuelle Versuche, Österreich als Avantgarde Mitteleuropas auszurufen oder den Multikulturalismus als aktuelle politische Leitidee zu etablieren. Alle Versuche, eine derartige exklusive Selbststruktur zu schaffen, generieren Figuren des Ausschlusses wie den Juden, den Migranten, den Moslem oder den anders denkenden Bürger. Sie verleugnen die Selbst-Differenz in der eigenen Selbstbildung und projizieren diese auf den bedrohlichen anderen. Anstatt partikulare Konzepte wie nationale Identität, kulturelle Essenz usw. zu universalisieren, empfiehlt es sich daher, die nie schließbare Differenz der eigenen Selbstbildung zu realisieren, um Integration, Toleranz, Partizipation, Solidarität und Demokratisierung einen neue Grundlage zu bieten.
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