Psychotherapeutische Schulen und Richtungen und die Hoffnung auf Integration/Inklusion

Ein Beitrag der Paradigmenforschung zur Entwicklung der Psychotherapie(wissenschaft)

Autor/innen

  • Thomas Stephenson Sigmund Freud PrivatUniversität Wien

DOI:

https://doi.org/10.15135/2022.10.2.79-94

Abstract

Am Beginn der Psychotherapie gab es eine einzige „Therapieschule“ – die Psychoanalyse Sigmund Freuds. 2022 gibt es 23 anerkannte therapeutische Schulen in Österreich – und eine noch viel größere Zahl von „Therapieformen“. Die gesamte mehr als hundertjährige Geschichte der Psychotherapie ist von zunehmender Diversifizierung, aber auch von Konkurrenz und Territoriumskämpfen gekennzeichnet. Dementsprechend gibt es sowohl Stimmen, die eine Einheitstherapie fordern, die alle einzelnen Schulen ersetzen soll, als auch Stimmen, die entweder für eine Weiterführung der parallel bestehenden Schulen ohne Hybridformen und Integrationsattitüden plädieren – oder für ein „Brückenwissen“, das als gemeinsame Basis dienen könnte und die Identität der verschiedenen Schulen unangetastet lässt. In diesem Artikel werden an drei fiktiven Fällen Kern-Paradigmen als leitende Grundannahmen der vier psychotherapeutischen Richtungen und das SIC-Paradigma als „Brückenelement“ zwischen diesen vier Kernparadigmen entfaltet. Drei Musterbeispiele für Borderline, Zwang und Phobie dienen als konkretisierende Anwendungsfälle und als Illustration der auf höchsten Abstraktionsebenen angesiedelten theoretischen Grundannahmen, die sowohl auf alle Diagnosen, aber auch auf das Verständnis aller nichtpathologischen individuellen und gesellschaftlichen Phänomene angewendet werden.

Autor/innen-Biografie

Thomas Stephenson, Sigmund Freud PrivatUniversität Wien

ist Universitätsprofessor für Psychotherapiewissenschaft und Leiter des Departments Psychotherapiewissenschaft an der Sigmund Freud PrivatUniversität Linz. Er ist an der Uni Wien habilitierter Bildungswissenschaftler, Klinischer Psychologe, Lehranalytiker im Fachspezifikum Individualpsychologie und ist seit 40 Jahren als Psychotherapeut tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen v.a. im Bereich Psychotherapie und Pädagogik und in der schulenspezifischen und schulenübergreifenden Theorieentwicklung.

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Veröffentlicht

2022-12-24

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