Ritual und Mythos – symbolische Werkzeuge des Christentums
Ein Versuch, die Wechselbeziehung von Regression und Autorität in der Angst des Gläubigen zu verstehen
DOI:
https://doi.org/10.15136/2020.7.1.1-19Abstract
Der folgende Beitrag hat das Ziel, die Symbole des Christentums ihrer Effektivität und Struktur zu entkleiden und sie in diesem Sinne auch tiefenpsychologisch zu dechiffrieren. In Anbetracht der Mutter-Kind-Dyade als primärer Quelle kreativen Symbolisierens lässt sich die Kraft des Symbols als eines wichtigen Bausteins der Persönlichkeitsentwicklung des Heranwachsenden nur erahnen. Die analytische Untersuchung des Ritus und des Mythos als wesentlicher Symbolträger eröffnet einen Erkenntnisraum christlicher Sophistik. Unter anderem soll die Annäherung an die Sakramente der Taufe und der Kommunion sowie die Erörterung des himmlischen Jenseits als Mythos unbewusste Verknüpfungen zwischen dem Gläubigen und dem Christentum hervorbringen. Insbesondere stellen die Transzendenz und die Neigung zum Analogismus, als evidente Phänomene der Sakramente, essentielle Anhaltspunkte dar. Der intentionale Aspekt dieses Beitrags besteht aus dem Versuch, die Kausalzusammenhänge zwischen einem autoritären Glaubenssystem und dem Verschmelzungswunsch der Regression aufzuarbeiten. Durch die theoretische Miteinbeziehung des sadomasochistischen Charakters nach Fromm soll vor allem die Möglichkeit entwicklungshemmender Faktoren innerhalb der Spirale von religiös bedingter Angstbildung und Angstbeschwichtigung dem Leser nähergebracht werden.
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