„Nun sag, wie hast du‘s mit der Religion?“

Überlegungen zum Umgang mit religiösen Themen in der Psychotherapie

Autor/innen

  • Herta Brinskele

DOI:

https://doi.org/10.15136/2020.7.2.1-26

Abstract

Publikationen zu den Schlagworten Religion, Glauben und Psychotherapie sind mittlerweile so vielfältig wie zahlreich. Überlegungen zum Umgang mit religiösen Themen in der Psychotherapie scheinen mir hingegen auf Voraussetzungen zu beruhen, die nicht ausreichend reflektiert werden. So verstehe ich meinen Beitrag zunächst als Versuch, unterschiedliche Perspektiven zum Thema Religion und Glauben zu eröffnen. Ein theoretischer Exkurs zu den Begriffen Signifikant und Signifikat soll darauf aufmerksam machen, dass Bedeutungen nicht von einer unabhängigen Macht vorgegeben sind. Vor diesem Hintergrund versuche ich anschließend meine praktische Arbeit als Psychotherapeutin verständlich zu machen, insbesondere wenn es darum geht, religiöse Themen zu bearbeiten. Zwei kurze Ausschnitte aus Therapieprotokollen leiten mich in der abschließenden Diskussion zu den Themen Wissbegier und Schuld. Ich plädiere für einen kritischen Blick sowohl auf Gemeinsamkeiten als auch auf Unterschiede zwischen Psychotherapie und Religion, versuche aber zu zeigen, dass die vergleichende Auseinandersetzung unglaublich spannend sein kann und sehr hilfreich dabei, die jeweilige Position nicht in dogmatische Fesseln zu legen.

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Veröffentlicht

2020-09-15